Politische Verfolgung von Minderjährigen in Russland
17. August 2024 | Quelle: https://novayagazeta.ru/articles/2024/07/11/18
Arsenij Turbin (15 Jahre alt)
Der 15-jährige Arsenij Turbin wurde am 20- Juli 2024 zu fünf Jahren Haft verurteilt – wegen der Anschuldigung, dass er angeblich mit dem „Legion Freiheit Russlands“ korrespondiere und Flugblätter gegen Putin verteilt habe.
Das Verfahren wurde vom FSB geführt.
Die Aussagen kamen von Mitschülern.
Egor Lauskis (15 Jahre alt) & Artemij Doronin (16 Jahre alt)
In St. Petersburg wurden zwei Schüler zu Freiheitsstrafen (zwei und vier Jahre) verurteilt, im Fall eines Terroranschlags wegen des Brandanschlags auf einen Relaiskasten.
Der Schaden durch ihre Tat betrug 758 Rubel. Umgerechnet 7,71 Euro.
Den Jugendlichen wird vorgeworfen, eine kriminelle Vereinbarung mit einem Unterstützer der ukrainischen Streitkräfte getroffen zu haben.
Walerij Saizew (16 Jahre) & Nikita Turlaew (19 Jahre)
Valeriy Saizev ist ein Neuntklässler aus der Siedlung im Gebiet Chabarowsk. Der Anlass für die Verfolgung des Teenagers und seines Bekannten Nikita Turlaev war ein Video, in dem sie Molotow-Cocktails gegen die Wand eines verlassenen Gebäudes werfen.
Laut Ermittlungsdaten unterstützte der Schüler das Bataillon „Asow“ und „erhielt eine Ausbildung in terroristischen Aktivitäten“.
Zum Zeitpunkt seiner Festnahme wurde der noch 14-jährige Neuntklässler aus dem Krankenhaus abgeholt, wo er seit einem halben Jahr wegen Tuberkulose behandelt wurde.
Laut Saizews Klassenkameraden hat der Junge ukrainische Wurzeln und unterstützte die Ukraine bereits „vor Beginn der Militärischen Spezialoperation.”
Matwej Treschew (16 Jahre alt)
Anfang Mai wurde in Brjansk ein Neuntklässler wegen des Vorwurfs der „Teilnahme an der Tätigkeit einer terroristischen Organisation“ verhaftet.
Die Sicherheitskräfte behaupten, dass der Minderjährige im März 2024 angeblich der „Legion Freiheit Russlands“ beigetreten sei und angefangen habe, für „ukrainische Auftraggeber“ Fotos und Videos von Bushaltestellen, Plätzen in Brjansk sowie dem Gebäude der örtlichen Regierung aufzunehmen.
Stepan Schaljutin (16 Jahre alt)
Ein Achtklässler aus der Region Samara wurde vom FSB der Vorbereitung eines Terrorakts beschuldigt.
Wie „Mediazona“ erfuhr, führten Sicherheitskräfte im November letzten Jahres plötzlich eine Durchsuchung im Dorfhaus des Jungen durch. Shaljutin wurde beschuldigt, versucht zu haben, die Schule in Brand zu stecken.
Nach einem Tag in der FSB-Abteilung gestand der Jugendliche, dass er sich angeblich an seinen Klassenkameraden und seiner Lehrerin rächen wollte, die ihn schikaniert hatten.
Laut seinem Anwalt tat er dies unter Druck. Die Schulleitung bestreitet, dass es Konflikte zwischen den Schülern gegeben habe.
Seinen 15. Geburtstag verbrachte der Achtklässler in Untersuchungshaft, wo er wegen des Vorwurfs der „Vorbereitung eines Terrorakts“ festgehalten wurde.
Stepan Schaljutin (16 Jahre alt)
Ende Februar 2023 zerstörte der Gymnasiast Egor Balazeikin eine Flasche mit einem Molotow-Cocktail an der Wand des Rekrutierungsbüros in der Region Sankt-Petersburg.
Die Mischung entzündete sich nicht. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden versuchte der Junge so gegen die Teilmobilisierung zu protestieren.
Die Anklage wurde zu: „Versuchs eines Terrorakts“ verschärft. Balazeikin wurde zu sechs Jahren Straflager verurteilt.
Ljubow Lisunowa (17 Jahre alt)
Das 1. Östliche Bezirksmilitärgericht verurteilte das 17-jährige Mädchen zu dreieinhalb Jahren Straflager wegen „Aufrufs zu Extremismus“ und „Rechtfertigung von Terrorismus“. {Angeklagte im „Fall der Anarchisten von Tschita“.} Ihrem Freund, dem 19-jährigen Alexander Sneschkow, wurden sechs Jahre Straflager auferlegt. Der dritte Angeklagte, Wladislaw Wischnjewski, erhielt eineinhalb Jahre Zwangsarbeit. Wofür er konkret angeklagt wurde, ist unbekannt.
Am 31. Oktober 2022 wurden Lisunowa, Sneschkow und zwei weitere Jugendliche festgenommen, unmittelbar nachdem sie Graffiti in einer Garagenwand angebracht hatten. Die Sicherheitskräfte nahmen den jungen Leuten damals ihre Telefone ab und ließen sie gehen, erhoben jedoch später Anklage in Bezug auf die Inhalte der Telegram-Kanäle „Schugan-25“ und 75ZLO.
Unterdessen haben Abgeordnete der Staatsduma vorgeschlagen, Jugendliche nicht erst ab 16, sondern bereits ab 14 Jahren für „Sabotage“ ins Gefängnis zu schicken. Diese Initiative wurde von Abgeordnetem Oleg Garin aufgrund der zunehmenden Fälle von Brandstiftung an Eisenbahnanlagen eingebracht.
Vor einem Jahr schlug Nina Ostanina, die Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Familien-, Frauen- und Kinderfragen, sogar vor, Bürger bereits ab 12 Jahren strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
„Das Alter, ab dem man zur Verantwortung gezogen wird, wird immer niedriger. {…} Kinder werden früher erwachsen. Sie begehen Verbrechen, bevor sie sich selbst richtig verstehen können. Wir können das nicht einfach so lassen: Die Schule kommt nicht damit klar, die Eltern kommen nicht damit klar. Die Angst vor Strafe ist eine gute Kraft. Eine andere sehe ich im Moment nicht“, erklärte sie.
Kurz darauf wurde die Idee vorgeschlagen, die von den Leitern der Sicherheitsbehörden unterstützt wurde, die sowjetische Praxis der Unterbringung von Minderjährigen in speziellen Aufnahme- und Verteilungszentren zur „Umerziehung“ wieder einzuführen. Die Abgeordneten sind der Meinung, dass Freiheitsentzug in solchen Einrichtungen als Strafe für Jugendliche in Frage kommen könnte, die Verwaltungsverstöße begangen haben, insbesondere offenbar politischer Natur.
Alle Inhalte wurden nach bestem Wissen und Gewissen vom Allianz für ein freiheitlich-demokratisches Russland e.V. für Sie aufbereitet und falls nötig übersetzt.