Repressionen in Russland
13. Juli 2023
Evgeniya Berkovich & Svetlana Petriychuk
Theaterregisseurin Evgeniya Berkovich und die Dramatikerin Svetlana Petriychuk wurden wegen „Rechtfertigung von Terrorismus“ in der Bühnenproduktion „Finist, der tapfere Falke“ (Finist Yasny Sokol) zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.
Das Stück „Finist Yasny Sokol“ wurde erstmals 2020 aufgeführt und gewann 2022 Russlands renommiertesten Theaterpreis, die Goldene Maske, in zwei Kategorien: Beste Dramatikerin (Petriychuk) und Bestes Kostümdesign.
Das Stück handelt von Frauen, die nach Syrien ausreisen und dort Mitglieder bewaffneter Gruppen heiraten. Mitglieder der sogenannten „Nationalen Befreiungsbewegung“ meldeten das Stück den Strafverfolgungsbehörden. Sie behaupteten, dass das Stück den Islam und den IS verherrliche, „Feindschaft“ auf religiöser Grundlage schüre, das orthodoxe Christentum beleidige und „ein Instrument der Informationskriegsführung gegen die Sicherheit Russlands“ sei.
Das Stück „Finist Yasny Sokol“ rechtfertigt den Terrorismus nicht. Im Gegenteil, es warnt vor seinen Gefahren. Das Urteil ist rein politisch motiviert.
Die Nationale Befreiungsbewegung, oder NOD, ist eine pro-Putin
nationalistische politische Bewegung. Gegründet 2011 von dem „ultrapatriotischen“ Staatsduma-Abgeordneten Nikolay Fyodorov, zielt die Gruppe darauf ab, gegen die „inneren Feinde“ Russlands zu kämpfen.
„Und am Tag der Liebe und Treue erhielt die Staatsanwältin einen Blumenstrauß. Und sie schickte die Mädchen in aller Ruhe ins Gefängnis. Und niemand dachte an Barmherzigkeit, Gerechtigkeit oder sonst etwas.“ – die Anwältin von Berkovich.
Tatyana Laletina
Russische Studentin wegen „Hochverrats“ zu 9 Jahren verurteilt, nachdem sie 30 Dollar an die Ukraine gespendet hatte.
Tatyana Laletina wurde im Februar in ihrer Wohnung in Tomsk festgenommen. Die ersten 10 Dollar hat die Studentin am Februar überwiesen und dann im April noch weitere 20 Dollar.
Verurteilungen wegen Hochverrats in Russland werden mit 12 bis 20 Jahren Gefängnis bestraft, aber Laletina erhielt eine relativ milde Strafe. „Ich ging zurück in meine Zelle und freute mich — nur 9 Jahre!“ schrieb Laletina in einem Brief an ihre Freundin nach der Urteilsverkündung
Die junge Frau zeichnet und schreibt ein Tagebuch im Gefängnis.
Oleg Orlov
Das Gericht in Moskau wies die Berufungsklage des 71-Jährigen am 11. Juli 2024 ab.
Der bekannte russische Menschenrechtler Oleg Orlov, Mitbegründer und langjähriger Leiter des Menschenrechtszentrums Memorial, wurde in Moskau zu zwei Jahren und sechs Monaten Lagerhaft wegen „wiederholter Diskreditierung der russischen Armee“ verurteilt. Das Gericht in Moskau wies die Berufungsklage des 71-Jährigen am 11. Juli 2024 ab.
„Ich habe kein Verbrechen begangen. Ich stehe wegen eines Zeitungsartikels vor Gericht, in dem ich das politische Regime, das in Russland entstanden ist, totalitär und faschistisch genannt habe. Der Artikel wurde vor mehr als einem Jahr geschrieben. Damals dachten einige meiner Bekannten, ich würde zu dick auftragen. Heute ist vollkommen offensichtlich, dass ich kein bisschen übertrieben habe.“ Oleg Orlov
Die Schlussworte des russischen Bürgerrechtlers Oleg Orlov von “Memorial” vor Gericht, könnt ihr auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung nachlesen.
Leonid Gozman
Der russische Oppositionspolitiker Leonid Gozman wurde am Donnerstag von einem Moskauer Gericht in Abwesenheit zu 8,5 Jahren Haft verurteilt, weil er angeblich „falsche Informationen, die das russische Militär diskreditieren“, verbreitet habe.
Der offizielle Grund für das Urteil: Zwei Social-Media-Beiträge mit der Wahrheit über die Verbrechen des russischen Militärs in Bucha.
„Die strafrechtliche Anklage selbst bezog sich auf etwas, das ich am 3. April 2022 online gepostet habe. – Bucha hat einen Atomkrieg wahrscheinlicher gemacht. Jetzt führt kein Weg mehr an einem Kriegsverbrechertribunal vorbei. Im Russischen waren das 10 Wörter und 62 Buchstaben.“
„Das heißt, für jeden Buchstaben haben sie mir etwa einen Monat Gefängnis gegeben.“ Ich habe damals jeden Tag sehr kritisch geschrieben und auf meine Worte nicht geachtet. Anfang März jenes Jahres habe ich einen Ein-Mann-Protest mit einem Plakat veranstaltet, auf dem stand: „Nein zum Krieg. Putin muss zurücktreten!“. (Vermerk: Nach seiner zweiten administrativen Verhaftung am 29. September 2022 hat Gozman Russland verlassen.) Es gibt immer noch ein Foto davon auf meinen Facebook- und Twitter-Konten“
„Wenn ich in Russland wäre, käme ich rechtzeitig zum Jahreswechsel 2033 aus dem Gefängnis, im stolzen Alter von 82 Jahren. Aber ich würde nicht herauskommen. Nicht dass ich über meine Gesundheit klage, verstehen Sie. Aber in meinem Alter würde man das in einem Gefängnis nicht lange überleben. Es ist eine lebenslange Haftstrafe.“
„Es fällt mir schwer, mich mit dieser neuen Realität abzufinden, dieses ganze Albtraum endlich zu akzeptieren. Rational verstehe ich alles, aber emotional kann ich es nicht akzeptieren. Ich kann den Krieg nicht akzeptieren, die täglichen Bombardierungen der Ukraine — was hat die Ukraine Dir je angetan? — die unverhohlene Tyrannei.” – Kommentar von Leonid Gozman
Vsevolod Korolev
Die Strafe für den Dokumentarfilmer Vsevolod Korolev im Fall der „Verbreitung der falschen Informationen, die das russische Militär diskreditieren“ wurde auf 7 Jahre verschärft.
Korolev sollte im Juli freigelassen werden. Der Grund für das Strafverfahren waren zwei Beiträge auf Social Media VKontakte über die Verbrechen des russischen Militärs in Bucha und anderen ukrainischen Städten. Kurz vor seiner Verhaftung hatte Korolev Dokumentarfilme über die Journalistin Maria Ponomarenko und die Künstlerin Sasha Skochilenko gedreht, die später ebenfalls wegen “Diskridietierung der russischen Armee”verurteilt wurden.
Natalia Taranushenko
In Armenien wurde eine Lehrerin aus der Region Moskau, Natalia Taranushenko, festgenommen, die Russland verlassen hat, nachdem sie mit Kindern über den Krieg in der Ukraine gesprochen hatte.
Die Lehrerin war gezwungen, Russland zu verlassen, nachdem sie beschuldigt worden war, falsche Informationen über die russische Armee verbreitet zu haben. Nataila hat mit ihren Schüler*innen im Unterricht über die Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine gesprochen. Ein ehemaliger Schüler hat sie denunziert.
Natalia ist zurzeit in Armenien und wartet auf die Gerichtsverhandlung. Es besteht die Hoffnung, dass Armenien, sie nicht nach Russland ausliefert.
Julia Nawalnaja
Rosfinmonitoring hat Julia Nawalnaja auf die Liste der „Terroristen und Extremisten“ gesetzt. Zwei Tage davor hat das Gericht in Russland einen Haftbefehl gegen Julia erlassen. Julia wird die Beteiligung an einer “extremistischen Organisation” vorgeworfen.
“Mein Gott, ich habe mein Telefon seit einer Stunde nicht mehr geöffnet. In dieser Stunde bin ich bereits zu einer Terroristin geworden. Den Ehemann umgebracht, die Frau auf die Terroristenliste gesetzt – typisch Putin.” – Julia Nawalnaja
Alle Inhalte wurden nach bestem Wissen und Gewissen vom Allianz für ein freiheitlich-demokratisches Russland e.V. für Sie übersetzt.