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Während der Urteilsverkündung am 2. Februar 2021 zeichnete Alexei Nawalny ein Herz in der Luft, eine Botschaft an seine Frau Julia Nawalnaja. Seine Worte #seinichttraurigalleswirdgut wurden zu einem Hashtag (#негрустивсебудетхорошо), unter dem Menschen weltweit seiner Frau Solidarität und Mitgefühl zeigten.
Am 13. Februar 2021 haben wir vor Ort Spenden für die politischen Gefangenen gesammelt. Insgesamt konnten wir 166,80 Euro an das unabhängige Medienprojekt zum Rechtsschutz bei politischer Verfolgung OVD-Info überweisen. Passend zum Valentinstag und als kleines Geschenk an die Helfenden haben wir ein selbstgehäkeltes Herzchen als Symbol der Nächstenliebe für jeden mitgebracht.
Hintergrund: “Einen einsperren um Millionen einzuschüchtern”
– so äußerte sich der russische Oppositionelle Alexey Nawalny zu dem Vorgehen der russischen Justiz, nachdem er am 17. Januar 2021 nach seiner Landung am Moskauer Flughafen Scheremetjewo verhaftet und bereits am nächsten Tag rechtswidrig zu 30 Tagen Untersuchungshaft verurteilt wurde. Fünf Monate zuvor wurde der Kremlkritiker von den Agenten des Inlandsgeheimdienstes der Russischen Föderation nachweislich vergiftet und in der deutschen Klinik “Charité” behandelt.

Am 2. Februar 2021 erfolgte eine weitere Gerichtsverhandlung, woraufhin Alexey Nawalny zu 3,5 Jahren Straflager verurteilt wurde, mit dem Abzug von 8 Monaten, die er bereits unter Hausarrest verbrachte. Es handelte sich dabei um den sogenannten “Yves Rocher”-Fall, der vom Europäische Gerichtshof für willkürlich und unbegründet erklärt wurde. Zudem musste der russische Staat um 80 Tausend Euro an Nawalny als Entschädigung zurückzahlen, und im Jahr 2019 bezeichnete der Europäische Gerichtshof diese Gerichtsverhandlung als politisch motiviert.
Dieses unrechtmäßige Vorgehen der russischen Justiz löste zahlreiche Proteste in Russland und weltweit aus. Es kam zu gewalttätigen Angriffen seitens der russischen Einsatzkräften. Im Internet kursieren zahlreiche Videos, welche das gewalttätige Handeln der russischen Polizisten eindeutig dokumentieren.
Die massenhaften Demonstrationen und darauffolgenden Festnahmen sind einmalig in der Geschichte der Russischen Föderation:
  • am 23. Januar 2021 wurden ca. 4.000 Demonstranten festgenommen
  • am 31. Januar 2021 lag die Zahl der Festgenommenen bei 6.000
  • am 2. Februar 2021 wurden 1.463 Menschen festgenommen, 1.188 davon in Moskau.
Die Massenverhaftungen führten zu überfüllten Polizeiwachen (OWD), tagelangen Aufenthalten in den überladenen Gefangenenkraftwagen und demütigenden Zuständen für die Inhaftierten: ohne Essen, Trinken, Heizung und weiteren lebensnotwendigen Bedingungen. Die Fälle der physischen und psychischen Folter sind ebenfalls bekannt.
Unter den Verhafteten und Verletzten vom 23. Januar 2021 war auch die Moskauer Regisseurin Viktoria Naraxsa, die mehrere Theaterproduktionen unter anderem in Nürnberg inszenierte. Nach 10 Tagen Haft wurde sie am 2. Februar 2021 entlassen. Die Bilder, die sie während ihrer Haft anfertigte, wurden auf der Demonstration ausgestellt und gegen Spende zugunsten der Gefangenen vergeben.
Die Proteste sind inzwischen von den russischen Organisator*innen eingestellt worden, um weitere Verletzte und Verhaftete zu vermeiden. Umso bedeutsamer wird die Stimme und das Handeln der demokratischen Länder bzgl. der Befreiung der politischen Häftlinge und des gerechten Umgangs mit Ihnen.
Das Versammlungsrecht wird in Deutschland durch Artikel 8 Grundgesetz garantiert. In der Russischen Föderation wird dieses Recht immer öfter verletzt. Immer mehr Menschen werden diversen Repressionen ausgesetzt, weil sie sich gegen die Regierung äußern oder unerwünschte Tweets verfassen und teilen. Der unabhängige Wahlkampf ist nicht mehr möglich, zumal die Teilnahme der Mehrheit der unabhängigen Kandidat*innen verwehrt wird.
Ziele und Forderungen der Kundgebung:
🔸 Baustopp von Nord Stream 2;
🔸 Sofortige Freilassung von Alexej Nawalny;
🔸 Freilassung von anderen Gefangenen des Gewissens in Russland u.a. Sergej Furgal, Azat Miftakhov und Pavel Zelensky;
🔸 Gewährleistung eines unabhängigen, offenen und auf Rechtsgrundlagen basierenden Gerichtsverfahrens;
🔸 Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften seitens russischer Staatsorgane, insbesondere der Justiz und der Polizei;
🔸 Ausweitung der Sanktionen gegen weitere Vertraute Putins aus der Liste von Wladimir Aschurkow.

Vielen Dank für die Redebeiträge an
🔸 Verena Osgyan, MdL, Bündnis 90/Die Grünen
🔸 Michael Ziegler, SPD, mit der Rede von Arif Taşdelen, MdL, SPD
Nordbayern über die Kundgebung: “Free Nawalny”: Nürnberger protestieren nach Verurteilung von Kreml-Kritiker

© Elizaveta Shlosberg